Stellungnahme zum Bericht der Petitionskommission des Grossen Rats Basel-Stadt

08. November 2021

Stellungnahme von #ProtectTheKids zum Bericht der Petitionskommission des Grossen Rats Basel-Stadt

Wir sind erfreut, dass die Petitionskommission des Grossen Rats Basel-Stadt einstimmig zustimmt, dass man das Wohl der Kinder unter zwölf Jahren kurz vor der Zulassung einer Impfung für diese Altersgruppe nicht ausser Acht lassen darf und unsere Petition deswegen dem Regierungsrat zur Stellungnahme überweist.

Die im Bericht empfohlenen Massnahmen und Fragen zeigen, dass die Petitionskommission ebenfalls der Meinung ist, dass das Schutzkonzept an den Schulen des Kantons Basel-Stadt unzureichend ist. Gleichzeitig gehen diese Empfehlungen leider nicht weit genug. Dies auch, da sich die Pandemiesituation seit der Anhörung deutlich verschlechtert hat. Im Angesicht der sich rapid verschlechternden Entwicklung gilt es jetzt schnell zu handeln - zu agieren, nicht zu reagieren. Es darf nicht der Eindruck entstehen, das sich ED und GD hinter den bürokratischen Abläufen des Regierungsrats verstecken können, bis die Situation so weit eskaliert ist, dass sich eine Intervention nicht mehr lohnt. Dies auch, da sich die Beweislage zur Gefährdung von Kindern und Alten seit der Sitzung am 27.09.2021 deutlich verändert hat.

Nicht nur haben wir eindeutige Beweise dafür, dass Schulen ganz klar ein Ort des Pandemiegeschehens sind, sondern dass dieser Umstand erneut die Älteren, bereits Geimpften betrifft. Das in Israel und anderen Orten klar dokumentierte Nachlassen des Impfschutzes bei den Anfangs des Jahres Geimpften, macht diese Menschen erneut anfällig für das Virus, das unter anderem aufgrund des mangelnden Schutzkonzepts an den Schulen frei durch die Bevölkerung zirkulieren kann. Der Schutz der Kinder, eigentlich ein moralisch klarer Imperativ, dient jetzt unter diesen Bedingungen auch dazu, die gesamte Situation um die Pandemie in den Griff zu bekommen und das Spitalwesen vor der Überlastung und dem Zusammenbruch zu bewahren.

Dass hier möglicherweise ein Mangel an Willen und/oder Kompetenz im GD mitverantwortlich ist, legt ein Interview mit Markus Ledergerber, Leiter Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, in der bz vom 06.11.21 nah. Herrn Ledergerbers fehlerhafte Aussagen sind unten dokumentiert. Dies ist auch problematisch, da Herr Ledergerber bereits in einem Interview vom 09.09.2021 Aussagen zur „dosierten Durchseuchung“ gemacht hat, die eine Durchseuchung nicht nur für unvermeidlich erklärten, sondern dass deren Stattfinden bei zeitlicher Staffelung auch unproblematisch sei. Dies entspricht dem Gedankengut der Great Barrington Erklärung: Mittels  “dosierter Durchseuchung” soll Herdenimmunität erreicht werden. Diese These wurde sowohl wissenschaftlich als auch ethisch weltweit kritisiert. Soweit uns das bewusst ist, ist das nicht die erklärte Position des ED und von Herrn Cramer.

Interview mit Kommentaren (Link)

Fett = Originalfrage

Normal = Originalantwort

Eingerückt / Bulletpoint(s) = Unser Kommentar

Herr Ledergerber, kurz nach den Sommerferien verschärfte sich die Coronasituation an den Schulen. Wie sieht es jetzt rund zwei Wochen nach den Herbstferien in Basel-Stadt aus?

Wir reden aktuell von täglich zehn neuen Ansteckungen in Kitas, Kindergarten und Schulen. Zum Ende der Sommerferien waren es 30. Man muss aber sagen, dass die Tendenz aktuell wieder steigend ist – analog der steigenden Gesamtzahlen.

Kantonsarzt Thomas Steffen war während der Pandemie omnipräsent in den Medien. Wieso hörte man von Ihnen weniger?

In einer Krisensituation wie einer Pandemie muss man sich auch bei der Kommunikation aufs Wichtige und Wesentliche konzentrieren und da war er als Kantonsarzt zentral. Kinder und Jugendliche waren nie Treiber der Pandemie und deshalb nicht so im Fokus bezüglich Pandemieentwicklung.

  • Diese Aussage ist faktisch falsch. Wie im Echo der Zeit am 05.11.21 zusammenfassend berichtet, “Kinder tragen zum Infektionsgeschehen bei, infizieren sich gegenseitig und infizieren auch ältere Leute”, so Prof. Dr. Richard Neher, Virologe an der Universität Basel.” Alle anderen angefragten Experten sehen das gleich!
  • Dazu auch die Studie von Prof. Dr. Isabella Eckerle, Virologin an der Universität Genf, die minutiös aufzeigt, wie Ansteckungen im Klassenzimmer und von dort in der Umwelt erfolgen.

 

Momentan sieht es etwas anders aus. Experten des Bundes sagten diese Woche, dass sich aktuell vor allem Kinder anstecken.

Da immer mehr Erwachsene geimpft sind, nimmt der prozentuale Anteil Erkrankter bei den Kindern zu. Insbesondere bei den unter 12 Jährigen, die sich nicht impfen können. Rund ein Drittel der Neuansteckungen betrifft in Basel-Stadt Kinder. Mittelschulen sind weniger betroffen, das hängt mit einer hohen Durchimpfungsrate dort zusammen.

  • Das ist faktisch falsch: Gemäss Daten des BAG ist die Inzidenz in der Gruppe der 10-19-jährigen zurzeit deutlich höher als bei den 0-9-jährigen. 

 

Blicken wir zurück: Anfangs Pandemie die Schulschliessungen, Unterricht mit Masken, jetzt ohne Maske. Waren diese Massnahmen im Nachhinein richtig? Welche Learnings ziehen sie daraus?

Der Entscheid, aufs neue Schuljahr hin die Masken wegzulassen, war im Nachhinein nicht nur vertretbar, sondern richtig. Die Maske behindert den pädagogischen Alltag in den Schulen. Je jünger die Kinder sind, umso mehr. Und genau in dieser Zeit sahen wir, dass sich die Fallzahlen, die sich in den Sommerferien stark aufbäumten und bei Schulbeginn beim Höhepunkt waren, wieder verkleinerten. Die Aufhebung der Maskentragpflicht sorgte nicht für mehr Fallzahlen.

  • Dies spiegelt die Gesamtentwicklung in der Schweiz bei warmem Wetter wieder. Wie wir in den letzten zwei Wochen gesehen haben, steigen die Zahlen im In- und Ausland rapide, seit die Temperaturen sinken. Diverse europäische Länder (Deutschland, Österreich, Niederlande, etc.) mit höheren Impfraten als die Schweiz verzeichnen zurzeit Rekordwerte bei den Infektionen. Parallel steigen auch wieder Hospitalisierungen und Todesfälle. Inwieweit diese Entwicklungen parallel laufen, lässt sich aufgrund der Verzögerung zwischen Ansteckung und Hospitalisierung noch nicht abschliessend sagen. UK zeigt aber, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist (aufbereitet hier).
  • Die vergangenen 20 Monaten sind aber ein klarer Beweis, dass es falsch ist, das Virus zu unterschätzen.

 

Wann müssen wieder Massnahmen getroffen werden?

Die repetitiven Tests und die Schutzkonzepte der Schulen reichen im Moment. Aber es gilt nach wie vor: Bei Symptomen nicht in die Schule kommen und sich testen lassen. Es gibt nicht viele asymptomatische Personen, wie die Tests zeigen.

Es gibt keine festgelegte Limite von Ansteckungen, wo man sagt, ab dann werden zusätzliche Massnahmen wie eine erneute Maskentragpflicht ergriffen. Schlussendlich wäre dies dann auch ein politischer Entscheid des Kantons, wo die gesundheitlichen Faktoren reinspielen und man abwägen muss, was handelt man sich an pädagogischen Einbussen ein, was ist verhältnismässig im Kontext der Gesamtmassnahmen in der Bevölkerung? Entscheide müssen auch immer aus einer Gesamtsicht gefällt werden.

 

Dass Masken oder Schulschliessungen wieder ins Spiel kommen, lässt sich nicht ausschliessen?

Nein, wir müssen die Gesamtsituation beobachten und je nach Verlauf alle Massnahmen in Betracht ziehen. Der allergrösste Teil der Lehrpersonen ist geimpft, konkrete Zahlen gibt es aber nicht.

  • Ohne eine wissenschaftliche Erhebung ist diese Aussage reine Spekulation. In etwa vergleichbar mit der Aussage von Pädiatrie Schweiz, die Seroprävalenz bei Kindern wäre im Frühling bereits bei 40 % gelegen. Christoph Aebi musste vor Kurzem in einem Interview mit dem Bund zugeben, dass das von ihm mitverfasste Dokument von Pädiatrie Schweiz in diesem Punkt auf keinerlei belegbaren Daten beruhte.

Fakt ist: Es stecken sich immer weniger Lehr- und Betreuungspersonen an, was auch die Statistik über coronabedingte Absenzen in den Schulen zeigt. Diese liegen aktuell unter einem halben Prozent.

  • Auch bei dieser Aussage ist Vorsicht geboten, die Entwicklung hat uns bereits mehrfach links überholt. “Masken bringen nichts”, “Das Virus greift nur Ältere an”, “Kinder tragen nicht zum Pandemiegeschehen bei”. Aus wissenschaftlicher Sicht sollte das Vorsorgeprinzip gelten.

 

Man hört immer wieder, dass früher oder später jeder mit dem Virus in Kontakt kommt. Auf Kinder bezogen heisst das, es läuft auf eine Durchseuchung hinaus.

Vermutlich wird es darauf hinauslaufen. Das ist nicht wünschenswert, aber kaum vermeidbar wie die Lage aktuell aussieht und wenn es uns nicht gelingt, die Pandemie bald zu beenden.

  • Das ist faktisch falsch. Die Durchseuchung wäre nur zwingend, wenn es keine Impfstoffe gäbe. In den USA ist bereits ein Impfstoff für 5-12-jährige zugelassen worden. Die Zulassung in der EU läuft bereits. Es gilt also nicht, eine Ansteckung auf ewig zu verhindern. Es geht lediglich um die Überbrückung der nächsten Monate. Dass die möglich ist, zeigt allein die Tatsache, das wir durch die ersten 15 Monate Pandemie gekommen sind und die Seroprävalenz bei 20% lag. Ausserdem gibt es zahlreiche Studien und Empfehlungen die zeigen, dass wir viel mehr tun können, um die Kinder zu schützen und zwar ohne den Schulbetrieb einzustellen. Was im übrigen nicht nur dem Schutz der Kinder dient, sondern auch dem der bereits geimpften Bevölkerungsgruppen bei denen der Impfschutz bereits nachgelassen hat. 

 

Ist das zu verantworten aus medizinisch-ethischer Sicht?

Aus Kindeswohlsicht sehr wohl. Wenn man die Kinder vollständig schützen wollte, dürften sie nicht mehr in den Sportverein, keine Freunde treffen, nicht in die Schule. Kinder zu Hause «einzusperren» steht in keinem Verhältnis zur gesundheitlichen Gefahr.

  • Das ist eine Fehldarstellung der Situation. Im privaten Kontext hat jede Familie die Chance, selbst über Schutzmassnahmen zu entscheiden. Der zentrale Unterschied zum privaten Rahmen ist die Schulpflicht. Hier wird der ungeschützte Präsenzunterricht ohne Alternative mit Staatsgewalt durchgesetzt. Im Gegenzug hat der Staat eine Fürsorgepflicht. Die Zulassung der Durchseuchung ist eine klare Verletzung dieses Prinzips. Ausserdem wird hier eine falsche Dichotomie beschworen: Demnach gibt es keinen intellektuellen Raum ausser für die Extreme “Einsperren” und “Durchseuchen”. Das Ziel müssen sichere Schulen sein.

Aber klar, das Beste wäre, die Pandemie wäre bald zu Ende. Momentan haben es alle über 12-Jährigen in der Hand, sich impfen zu lassen und damit auch Kinder unter 12 Jahren zu schützen, auch wenn sie oft mildere Krankheitsverläufe haben. Dennoch sind bis zum Ende der Pandemie Todesfälle bei jüngeren infolge einer Erkrankung nicht auszuschliessen.

  • Es ist mehr als fraglich, ob es ein 12-jähriger in der Hand hat, sich Impfen zu lassen. Herr Ledergerber treibt hier das Prinzip “Eigenverantwortung” ins Lächerliche.

 

Mehr Solidarität wäre also gefragt.

Es gilt neben dem Leid von schwer Erkrankten und Todesfällen auch die ganzen Kosten, die die Pandemie mit sich bringt und die irgendjemand später tragen muss, im Auge zu behalten. Das sind alles solidarische Fragen im Umgang mit der Pandemie.

  • Da die Schulen, wie mittlerweile eindeutig belegt, ein Faktor im Pandemiegeschehen sind, ist eine Politik des Durchseuchens ein Kostentreiber. Die Kinder tragen das Virus in die weitere Gesellschaft. Wenn das Spitalwesen überlastet ist, werden die Kosten auf vielen Ebenen stark zunehmen. Dazu kommen Kosten für Long Covid und mögliche Langzeitfolgen einer Infektion, die zurzeit noch niemand kennen kann, da das Virus erst seit 20 Monaten bekannt ist. Viruserkrankungen sind bekannt für Spätfolgen, die auch nach Jahren der Forschung unerkannt bleiben: Windpocken (Varizellen) können Jahre später zu Gürtelrose und Nervenschäden führen. Polio führt nur bei 1 % der Betroffen zu einem schweren Verlauf. SSPE (Subakute sklerosierende Panenzephalitis) mit Todesfolge gibt es bei Masern. Erst jetzt wurde erkannt, dass Ebola bei Überlebenden über Jahre schlummern kann. Doch Ebola-Ausbrüche sind seit 1976 dokumentiert – etc. Sogar bei geringer Wahrscheinlichkeit für solche Folgen sollten wir solche Risiken bei unseren Kindern nicht in Kauf nehmen.

 

Wann werden Impfungen bei Kindern ein Thema sein? Ist die Pandemie dann schon vorbei?

Das Zweite wäre mir lieber. Realistischerweise sieht es anders aus. Es hängt von den Herstellern ab, wann die Zulassung für den Impfstoff für 5–12-Jährige beantragt wird, wie dies schon in den USA oder der EU erfolgt ist. Nach der Zulassung durch Swissmedic hängt es aber auch noch von der Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für Impffragen ab. Empfiehlt sie die Impfung für alle Kinder oder wie anfangs bei den Jugendlichen nur für solche mit Vorerkrankung. Denn: Wenn eine Impfung zugelassen wird, heisst es nicht automatisch, dass sich dann gleich alle Kinder impfen lassen können oder sollen.

Gab es nie Momente, wo sie am liebsten «den Bettel hingeschmissen» hätten?

«Jetzt längts» habe ich ein paar Mal gedacht. Auch bei mir und im Team hatten alle Phasen, wo man psychisch und physisch an die Grenzen stiess. Aber wir sahen auch eine grosse Sinnhaftigkeit in der Tätigkeit, man konnte etwas zur Pandemiebewältigung beitragen. Die Sinnhaftigkeit trug mich durch schwierigere Phasen.

 

Mal ehrlich. Wie gross war die Frustration?

Es gab Tage mit sehr viel Überzeit und am Wochenende arbeitete ich meistens auch noch. Man kam dennoch nicht nach mit der Bewältigung. Frustrierend ist aktuell: Wir hätten ein gutes Werkzeug mit der Impfung. Mit jedem Tag gibt es mehr Krankheitsfälle, Schicksale und Kosten, damit hadere ich immer wieder, das frustriert. Dass es so harzig wird, hätte ich nicht gedacht.

Wurden Sie auch persönlich angegriffen?

Natürlich gab es Kommentare, E-Mails, Vorwürfe, die man nicht immer wegstecken konnte, wenn man Feierabend hatte. Es ging bis hin zu Eltern, die sich beim Bundesrat über mich beschwerten. Die einen fanden, man mache viel zu viel, die anderen fanden, man mache viel zu wenig.