Beratung der UBI zu b.1014: SRF, Nichtberichterstattung über RKI-Protokolle

Zusammenfassung der öffentlichen Beratung

Öffentliche Beratung der Beschwerde b.1014 durch die UBI am 03.04.2025.

Hinweise zur Zusammenfassung

Weil es nicht möglich ist, ein vollständiges, im Wortlaut exaktes Protokoll zu erstellen und gleichzeitig den Ausführungen der UBI zu folgen, und weil das Erstellen einer Tonaufnahme von der UBI «in ständiger Praxis» nicht gestattet wird, haben die drei anwesenden Mitglieder von #ProtectTheKids eine Paraphrasierung erstellt, welche die Aussagen der UBI-Mitglieder sinngemäss wiedergibt.

Aussagen der UBI-Mitglieder, die sinngemäss wiedergegeben werden, stehen in indirekter Rede. Alternativ werden sie mit “<Kürzel> {berichtet|weist darauf hin|…}, dass …” umschrieben.

Aussagen und Ausdrücke der UBI-Mitglieder, die im Wortlaut protokolliert werden konnten, sind mit Guillemets « … » als Zitate gekennzeichnet.

Weder Verfahrensbeteiligte noch andere Personen ausserhalb der UBI können sich an Beratungen der UBI zu den behandelten Beschwerden äussern.

Die Post-Meeting-Kommentare von #ProtectTheKids sind mit dem Kürzel ‹PTK› und hellgrauem Hintergrund gekennzeichnet. Zur besseren Übersicht können Kommentare mit Twisties (kleine schwarze Dreiecke) auf- und zugeklappt werden.

Sitzordnung UBI und Legende mit Kürzeln

Sitzordnung:

Sitzordnung der UBI mit Kürzeln

Legende:

CMCatherine Müller, Vizepräsidentin
MSKMascha Santschi Kallay, Präsidentin
PRPierre Rieder, Leiter des Sekretariats
YBYaniv Benhamou, Genf
PEPhilipp Eng, Solothurn
AVArmon Vital, Schuls
ESEdy Salmina, Lugano
RSReto Schlatter, Luzern
MSMaja Sieber, Zürich
DGDelphine Gendre, Freiburg (entschuldigt)
ITJIlaria Tassini Jung, juristische Sekretärin
PTKPost-Meeting-Kommentare von #ProtectTheKids

Beratung zu b.1014: Zusammenfassung des Berichts der Referentin

CM (Referentin): Es geht um die Nichtberichterstattung von SRF zu den RKI-Protokollen, auch bekannt als “RKI-Files”, und um das sogenannte “RKI-Leak”.

Am 30. Mai 2024 stellte das RKI die großteils entschwärzten Protokolle bereit.

Am 23. Juli 2024 wurden ungeschwärzte RKI-Dokumente auf einer Pressekonferenz mit [der Aktivistin] Aya Velázquez [und dem Finanzwissenschaftler Stefan Homburg …] veröffentlicht.

Das sogenannte RKI-Leak umfasst [alle ungeschwärzten Protokolle und den gesamten Emailverkehr zum Thema Corona, ausserdem Präsentationen, Briefe, Kalkulationsblätter und vieles mehr, insgesamt] rund 10 Gigabyte an Daten.

Der Beschwerdeführer sei der Auffassung, die Wissenschaft habe sich an der Politik orientiert. Er fordere eine saubere Aufarbeitung. Die ungeschwärzte Berichterstattung sei von öffentlichem Interesse.

SRF finde die RKI-Protokolle nicht wichtig und beantrage Nicht-Eintreten.

CM: Die Beschwerde rüge insbesondere die Darstellung, es handle sich um eine «Pandemie der Ungeimpften».

CM betont, dass der Schlussbericht der Ombudsstelle für die UBI-Beratung nicht relevant sei.

Diskussion, ob auf die Beschwerde b.1014 einzutreten ist

AV findet, man müsse eintreten.

PR: SRG ist der Meinung, der Fall sei abgeschlossen, weil eine erste Beanstandung nicht an die UBI weitergezogen wurde.

CM: Das Sachgerechtigkeitsgebot komme nicht zur Anwendung, da es nicht um eine bestehende Publikation geht.

Es gehe um eine Programmbeschwerde im Hinblick auf die Anwendung des Vielfaltsgebots. Ein völliger Ausschluss eines Themas wäre eine Verletzung des Vielfaltsgebots.

CM: Schlägt vor, im Falle einer Annahme der Beschwerde die Umsetzung SRF zu überlassen.

CM: Die Beschwerde kritisiere eine Aussage des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn im Nov. 2021, es handle sich um eine “Pandemie der Ungeimpften”.

CM: Aus den RKI-Protokollen gehe hervor, «dass die Impfung nicht vor Ansteckung schützt».

PTK: Wie in der Zusammenfassung der Beratung der UBI zu b.1024 festgehalten, handelt es sich bei dieser Aussage um eine Falschinformation. Impfskeptiker:innen fehlt oft die Bereitschaft anzuerkennen, dass die Schutzwirkung eines Impfstoffes z.B. gegen Infektion nicht einfach vorhanden (1) oder nicht vorhanden (0) ist, sondern der Effektivität des Impfstoffs gegen dieses Ereignis entspricht, die in der Regel zwischen 0% und 100% liegt und von diversen Parametern abhängt.

Wer hier auf die notwendige Differenzierung verzichtet und bei einem mRNA-Impfstoff mit einer in Studien nachgewiesenen Effektivität zwischen 88% und 50% gegen Infektion pauschal behauptet, die Impfung schütze nicht vor Ansteckung, verbreitet Desinformation.

CM: Weiter sei aus den RKI-Protokollen ersichtlich, dass Lothar Wieler die Bedrohungslage von “sehr hoch” auf “hoch” habe herabstufen wollen, Lauterbach aber dagegen gewesen sei. Die Wissenschaft sei unter Druck gesetzt worden.

CM: Die «Absonderungsregeln» seien von Lauterbach, nicht vom RKI festgelegt worden.

CM: Die Unabhängigkeit der Wissenschaft sei eingeschränkt worden sei. Es gehe um eine politische Einflussnahme der Bundesgesundheitsminister Spahn und Lauterbach auf die Wissenschaft.

CM: Der Einwand von SRF, die Einschätzungen des RKI hätten den Umgang mit der Pandemie in der Schweiz nicht beeinflusst, sei nicht nachvollziehbar.

Die Nichtberichterstattung über die RKI-Protokolle habe das Vielfaltsgebot verletzt.

CM: Löbliche Äusserungen der UBI-Mitglieder über C. Berger hätten bei der Beratung von b.1024 gehört werden können.

PTK: Offensichtlich sind damit die Sympathien von UBI-Mitgliedern für die massnahmenkritischen Aussagen des ehemaligen Impfchefs gemeint.

CM: Die UBI habe von der vierten Gewalt bereits 2021 eine differenziertere Berichterstattung und «weniger Polarisierung» gefordert.

CM: Die Berichterstattung über die RKI-Protokolle sei wichtig angesichts der steigenden Gefahr von Fake News.

PTK: Ein interessanter Gesichtspunkt, wenn man gesehen hat, wie einzelne Aussagen/Zitate aus den RKI-Protokollen von massnahmenkritischen Kreisen aus dem Zusammenhang gerissen und aufgebauscht wurden.

CM: Die NZZ habe zu den RKI-Protokollen acht Artikel veröffentlicht, der Tagi und Watson je einen Artikel.

CM: Bei der Beschwerde b.948 zu den “Twitter Files” wurde eine Programmverletzung noch verneint. Bei b.1002 zu den Gaza-Protesten wurde eine Verletzung des Vielfaltsgebots befunden, aber dies sei noch nicht rechtskräftig.

CM: Die Programmautonomie gebe keine Freiheit, über ein Thema gar nicht zu berichten.

CM: Es stelle sich [bei Nichtberichterstattung] die Frage, über welchen Zeitraum eine Verletzung des Vielfaltsgebots zu prüfen sei.

CM: «Die UBI ist nicht weisungsberechtigt.» Aber im Rahmen des Massnahmenberichts könne die UBI ihre «soft power» ausspielen. Es gehe darum, den Anwendungsbereich des Vielfaltsgebots weiterzuentwickeln.

MSK sagt, das Referat von CM sei spannend.

AV: «Die Nichtberichterstattung war in der Vergangenheit kein Grund für eine Verletzung des Vielfaltsgebots.»

AV: Das BAKOM mache Programmanalysen, könne Kürzungen veranlassen und beschäftige sich bereits mit Vielfalt und Relevanz. Findet, man solle die Beschwerde ans BAKOM abschieben.

PR [teilt einige grundsätzliche Beobachtungen und Bedenken]:

  • Eine Zugangsbeschwerde ist nur für Betroffene möglich.
  • Eine Programmbeschwerde ist nur für ausgestrahlte Sendungen möglich.
  • Das BAKOM ist nicht unabhängig.
  • Die Programmautonomie wäre gefährdet, wenn jede Nichtberichterstattung (z.B. über eine Parteiveranstaltung) eingeklagt werden könnte.

[ Einige UBI-Mitglieder: ] Die RKI-Files seien aber so wichtig, dass hier eine Ausnahme gemacht werden müsse.

PR: Es sei eigentlich eine Stellvertreterbeschwerde. Der Beschwerdeführer möchte eine Aufarbeitung in der Schweiz.

Beratung zu b.1014: Zusammenfassung Diskussion und Abstimmung

MSK: Die Nichtberichterstattung lasse sie ratlos zurück, sie möchte eine Aufarbeitung. Es fehle ein Rechtsschutz für informierte, aufgeklärte und mündige Bürger. Sie sei für eine Weiterentwicklung des Vielfaltsgebots.

MSK: SRF habe zwei Chancen vergeben und über diese wichtigen Ereignisse [“Twitter Files” und “RKI-Files”] nicht berichtet.

MSK: Die RKI-Files würden Erkenntnisse liefern, die [auch für die Schweiz] von öffentlichem Interesse seien:

  • In der Pandemie hätten die Behörden der Bevölkerung eine ausserordentliche Bedrohungslage «vorgegaukelt»;
  • «Die Entscheidungen waren nicht wissenschaftlich, sondern politisch gesteuert», was auch für die 2G-Massnahme und die Impfung der Kinder [in der Schweiz] gelte;
  • «Die Impfung schützt nicht vor Ansteckung»;
  • «Geimpfte stellen ein Risiko für Ungeimpfte dar»; und
  • die vom RKI erwähnten «Risiken des Maskentragens».

PTK: Die Absurdität, in einer öffentlichen Beratung der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI, der Medienaufsicht des Bundes, mit Verschwörungstheorien, alternativen Fakten und Desinformation zu Impfstoffen konfrontiert zu werden, macht uns fassungslos.

MSK [mit weiteren “Erkenntnissen” aus den RKI-Files]: Schon im März 2021 sei festgestellt worden, dass die Impfung keine dämpfende Wirkung habe.

PTK: Für einen relevanten und leicht messbaren Eindämmungseffekt war die Durchimpfungsrate damals noch viel zu gering.

MSK: Die RKI-Protokolle mit Lauterbach seien nur dank des RKI-Leaks bekannt geworden.

MSK: Die Impfung habe Probleme mit Myokarditis gegeben.

PTK: Hatten wir nicht gerade in b.1024 die Klarstellung, dass Myokarditis nach einer Impfung mit einem mRNA-Impfstoff extrem selten ist, Myokarditis nach einer SARS-CoV-2-Infektion aber um den Faktor 13.7 häufiger ist bei Frauen und um den Faktor 5 bei Männern?
Siehe dazu b.1024, Erwiderung auf die SRF-Beschwerdeantwort, Anhang R.1: Folgen und Nebenwirkungen wie Myo-/Perikarditis: Infektion vs. Impfung.

RS: Findet, MSK gehe zu weit. Die Nebenwirkungen der Impfung seien kein Thema.

RS: Die RKI-Files seien wichtiger als die Twitter Files. Es gebe dazu 135 Berichte. Von April bis Sept. 2024 habe die NZZ 4x, der Tagi 1x und die Weltwoche 7x darüber berichtet.


RS: Es sei eine Praxisänderung, wenn das Vielfaltsgebot [hier] Anwendung finde.

RS: Die grösste Erkenntnis [aus den RKI-Files] sei, dass die Wissenschaft der Politik gefolgt sei und nicht umgekehrt. Wenn die RKI-Files [für SRF] «nicht der gewünschte Skandal» seien, dann nicht darüber zu berichten, das gehe nicht.

RS: «Bei Nichtberichterstattung das Vielfaltsgebot anzuwenden könnte ein Präjudiz sein.» Er plädiere für Zurückhaltung bei der Begründung.

MS: Kritisiert, man mache hier eine Umdeutung zuerst von einer Zugangsbeschwerde zu einer Zeitraumbeschwerde, dann zu einer Verletzung des Vielfaltsgebots.

MS: «Ich möchte keine Lex RKI.»

MS: Eine Annahme der Beschwerde würde die UBI zwingen, über Relevanz zu sprechen. «Ich möchte das nicht.»

PE: Es gehe hier um «schwere grundrechtliche Einschränkungen».

PE: In den USA seien Impfstoffzulassungen vor der Amtsübernahme von Biden im Januar 2021 zurückgehalten worden, um der Biden-Administration einen Erfolg zu verschaffen.

PTK: Unklar, ob sich PE hier auf eine “Erkenntnis” aus den RKI-Files bezieht.

PE: Die Schweizer Pandemiepolitik habe sich mehrfach auf das RKI bezogen. Das Vertrauen in die Behörden müsse wiederhergestellt werden.

ES [Stimme aus dem Tessin]: «Die Aufarbeitung der Pandemie ist nicht Aufgabe der UBI.»

ES: «Wurde über Corona einseitig berichtet, weil [von SRF] nicht über die RKI-Protokolle berichtet wurde?»

ES: Die RKI-Protokolle seien aber wichtig. «Es geht darum, dass die Unterlassung der Berichterstattung [durch SRF] ein “Loch” hinterlassen hat.»

CM: «Wir sind uns bezüglich Aufarbeitung nicht einig. Aber wir sind uns einig, dass die RKI-Protokolle wichtig sind.»

AV [Grundsätzliches zur Beziehung zwischen der Bundesverfassung und dem RTVG]: Das RTVG konkretisiert die BV.

Abstimmung: Beschwerde angenommen mit 5:3 Stimmen.