COVID-19, Influenza, RSV, Windpocken und zahlreiche weitere Erkrankungen werden häufig durch respiratorische Aerosole übertragen. In dicht belegten Schulräumen besteht ein erhöhtes Risiko der Verbreitung solch luftgetragener Krankheitserreger, besonders wenn die Luftqualität unzureichend ist. Häufiges und intensives Lüften kann dieses Risiko deutlich senken, ist jedoch im Winter mit reduziertem Komfort und Energieverlusten verbunden. Insbesondere in manuell belüfteten Klassenzimmern bietet sich der Einsatz mobiler Luftreiniger an, welche Aerosole und somit auch luftgetragene Krankheitserreger aus der Raumluft entfernen und so zur Verringerung der Aerosolbelastung beitragen.
Um die aktuelle Ausgangslage in den Schulzimmern umfassend und wissenschaftlich fundiert beurteilen zu können, gab die Schulpflege der Stadt Adliswil im Herbst 2022 eine Untersuchung der Raumluftqualität und der Eignung mobiler Luftreiniger für den Einsatz in Schulräumen in Auftrag. Die Studie wurde als Kollaboration zwischen dem Schweizerischen Zentrum für Arbeits- und Umweltgesundheit (SCOEH) und dem gemeinnützigen Verein #ProtectTheKids (Schweiz) realisiert.
Die Untersuchungen erfolgten in den Gebäuden der Primarschule Kopfholz. Kopfholz 1 ist ein renovierter Altbau mit Fensterlüftung, Kopfholz 2 ein Minergie-Standards entsprechender Neubau mit mechanischer Lüftung. In jedem Klassenzimmer wurden bis zu drei mobile Luftreiniger installiert. Die Firmen Electrolux, Philips und Stadler Form stellten freundlicherweise eine grosse Anzahl von Geräten zur Verfügung. Die Luftreiniger wurden hinsichtlich Reinigungsleistung und Geräuschentwicklung beim Betrieb in der realen Umgebung evaluiert. Die Aerosol-Reduktionsraten wurden mit einem Testaerosol aus Kochsalzkristallen und im Raum verteilten Sensoren bestimmt, der Schallpegel und die Frequenzen mit einem Audio- und Akustik-Analysator. Zudem wurden die Schallpegel der Luftreiniger-Konfigurationen (Geräte-Typ, Anzahl Geräte und Betriebsstufen) ermittelt, die von den Lehrpersonen noch als akzeptabel bezeichnet wurden. CO2-Messungen dienten der Beurteilung der Luftqualität in den Räumen und der Bestimmung der durch manuelle und/oder mechanische Lüftung erreichten Luftwechselraten.
Die evaluierten Luftreiniger sorgen durch den nach oben gerichteten Luftauslass für eine verbesserte Durchmischung der Innenraumluft. Als Einzelgeräte auf Volllast getestet zeigten sie in den rund 240 m3 grossen Räumen von Kopfholz 1 äquivalente Luftwechselraten von zwei bis drei eACH (equivalent Air Changes per Hour), was einer Reinigungsleistung CADR (Clean Air Delivery Rate) von rund 480 bis 720 m3/h entspricht.
Der Schallpegel in zwei Metern Abstand betrug zwischen 45 und 55 dB(A). Die Lehrpersonen bevorzugten tiefere Betriebsstufen, die mit einem Schallpegel zwischen 32 und 42 dB(A) einhergingen. Durch den parallelen Einsatz mehrerer Geräte wurden auf diesen tieferen Stufen hohe Luftreinigungsraten von 3 bis 5 eACH erreicht, dies bei Lautstärken, die mit einer ruhigen Büroumgebung kompatibel sind.
Die Luftqualität war in den beiden Gebäuden sehr unterschiedlich: In Kopfholz 2 war das CO2 meist im guten bis sehr guten Bereich unter 1000 ppm mit Luftwechselraten von 2.3 bis 2.9 ACH. Im manuell belüfteten Altbau Kopfholz 1 zeigte die Statistik der kontinuierlich über insgesamt 684 Unterrichtsstunden aufgezeichneten CO2-Daten einen deutlichen Handlungsbedarf: Die CO2-Werte waren häufig im hygienisch inakzeptablen Bereich über 2000 ppm und zu 61 % der Zeit im das Lernen beeinträchtigenden Bereich über 1000 ppm. Die beobachteten Lüftungsstrategien in den nur über die Fenster belüfteten Klassenzimmern waren zumeist ineffizient: Die Strategie «selten, dafür besonders stark lüften» war wegen der schlechten zeitlichen Verteilung der Luftwechsel deutlich weniger effizient als «häufig und stark lüften». Selbst bei vorbildlicher Fensterlüftung war die Luftqualität oft mässig, und nur gerade in 20 % der Zeit war das CO2 im für kognitive Leistungen idealen Bereich unter 800 ppm. Bei der Sanierung von Altbauten mit mechanischen Lüftungsanlagen sollten dezentrale und zentrale Lösungen verglichen werden.
Luftreiniger sind dazu da, Aerosole aus der Raumluft zu entfernen; sie ergänzen somit Massnahmen für eine bessere Belüftung, welche durch Zufuhr von Aussenluft sowohl den CO2-Gehalt als auch die Belastung mit Atemaerosolen reduzieren. In typischen Situationen mit Fensterlüftung wurden mittlere Luftwechselraten im Bereich von 0.3 bis 2.5 ACH gemessen, so dass bereits eine Luftreinigerleistung von 3 eACH eine Reduktion der Virendosis um mindestens 50 % ergab. In einigen Situationen reduzierten die Reiniger die Dosis sogar um 90 %. Kombiniertes Lüften und Filtern war im Vergleich zum alleinigen Lüften über die Fenster besonders effektiv bei der Verringerung der Aerosolbelastung. Die mobilen Luftreiniger konnten flexibel eingesetzt und leicht in den Schulalltag integriert werden, indem sie so konfiguriert wurden, dass sie mit einer ruhigen Lernumgebung kompatibel waren.
Um erfolgreich eine zusätzliche Schutzschicht zur Eindämmung übertragbarer Krankheiten einzuführen, sei es durch das Reinigen der Raumluft oder durch andere Massnahmen, ist es jedoch unerlässlich, alle Beteiligten dafür zu sensibilisieren, dass die Inkaufnahme wiederholter Infektionen, auch asymptomatischer, ein risikoreicher und nicht nachhaltiger Weg ist, Immunität zu gewinnen oder aufrechtzuerhalten.